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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

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Drafts, Fragments and Paralipomena to the Four Mystery Dramas
GA 44

Translated by Steiner Online Library

Man — Woman, Prelude

Image not included in the drama

MAN: So you want to leave me to my fate again tonight,
To run off to your company,
Which robs me and the children of you.
Stealing you away from me and the children.

WOMAN: You've told me so many times
That you've come to terms with it.

MAN: But every time it hurts me
All over again,
When I have to watch
How stranger and stranger you become
To everything that makes my life worth living.

WOMAN: You have often spoken differently about that too.

MAN: The lover admits
What he cannot change,
Without causing the beloved deep hurt.

WOMAN: It is possible for you to admit
What seems impossible for me
To concede.

MAN: But it is incomprehensible to me
How you can demand
That what has been heard a hundred times
Now also be seen as a puppet show.

WOMAN: What is essential to life becomes meaningful In every new way.

MAN: Essential to life — but also
alienating from life.

WOMAN: Shall I now repeat to you for the hundredth time
How inappropriate
This alienation from life is.
I once lacked
From everything your educational will
Turned toward women,
The courage to raise children.
You yourself have long understood
That I owe not only the courage
To this way of thinking,
But also insight and strength.
And since you have seen the fruits of my path,
You could never completely deny
Its significance to me.
Nevertheless, you have always shown yourself reluctant
To take the matter seriously.
You can see from this that I am not blind.
Just understand that my work
Does not fit with incomprehensible ideas.

WOMAN: I never pressured you
To come with me.

MAN: It would hardly have helped.
For even if curiosity
Had sometimes driven me,
The curse of ridicule
Would always have held me back.

WOMAN: In everything else, you are
A man with a heart of gold.
Just tell me, is it really just women's logic
That those who find ridiculous
What they so clearly see as valuable in life
Find ridiculous
What they so clearly see
As worth living for?

MAN: I only know that the best of our time
Agree on this judgment.
Public opinion
Looks on these activities with pity,
If it does not consider them dangerous.

WOMAN: Public opinion
Is quick to pass judgment
Even when it is miles away
From understanding a matter.

MAN: Let's not argue about that.
I must not resist the public,
If I do not want to undermine my position.

WOMAN: It is too sad that it has to be this way.

MAN: Just today I read again,
On what weak foundations
Everything that is said stands.

WOMAN: The writer's knowledge
Will probably be as deep this time
As everything else that came before my eyes.

MAN: May be; but the matter is different,
When the ideas are taken into consideration.
And even more so when
The machinery plays out theatrically.
Then even taste is spoiled.
What may come of
From such a performance?
In the best case
Symbols that, like straw dolls,
Have been hung with figments of the imagination;
Allegories for so-called profound ideas.
It bothers me that you
Resist me even in these matters.
How often have I asked you
To go with me,
When I wanted to relax
From the day's hustle and bustle
With my wife and see the lively dramas

WIFE: You know, I did it once.
I always found myself
Even in nothingness,
From which you always said,
Something is going on there.
I also found that the stage
Reflects life in its fullness;
But unfortunately, this full life is so empty.
And should characters on stage
Captivate me, the puppets are in life?
I bore myself with that new art,
That wants to burst with life.
It is either without substance,
Because it must be,
If it truthfully reflects the present.
Or it is a critique of life,
Then it is fruitless,
Because no hunger is satisfied,
No tears are dried,
When starving people
And tear-filled faces
Are shown on stage.

MAN: Isn't that precisely
The fruit of the new art,
That it does not flee
Into the ideal world of dreams,
But reflects the struggles
Of everyday life?

WOMAN: You speak like a theater critic;
It's clear you read between the lines.

MAN: I have found little good
In your favorite ideas.

WOMAN: That makes me happy,
Because once these ideas
Are ripe to be served up,
Then they must force themselves
Into the trivial measure of good wit
And witty contemporaries.

MAN: Woman, it's time for your performance.
My time has come too.
I didn't tell you before,
That today of all days,
Our first stage
Is attempting
A truly social drama.

WOMAN: We will find each other again after a few hours
And understand each other as always.

Mann — Frau, Vorspiel

Nicht in das Drama aufgenommenes Bild

MANN: So willst du denn auch heute abend
Mich wieder meinem Schicksal überlassen,
Um hinzulaufen zu deiner Gesellschaft,
Die mir und den Kindern dich raubt.

FRAU: So oft schon sagtest du mir,
Daß du dich damit abgefunden.

MANN: Doch jedes Mal tut es mir
Von neuem leid,
Wenn ich sehen muß,
Wie fremder und fremder du wirst
Allem, was mir das Leben lebenswert macht.

FRAU: Auch darüber hast du oft anders gesprochen.

MANN: Der Liebende gibt zu,
Was er nicht ändern kann,
Ohne dem Geliebten schwere Kränkung zu bereiten.

FRAU: Für dich ist möglich zuzugeben,
Wo mir nachzugeben
Unmöglichkeit dünkt.

MANN: Nur ist es unerfindlich mir,
Wie du verlangen kannst,
Das hundertfach Gehörte
Nun auch noch als Puppenspiel zu sehen.

FRAU: Das Lebenswichtige wird bedeutsam In jeder neuen Art.

MANN: Lebenswichtig — doch auch
Lebenentfremdend.

FRAU: Soll ich nun zum hundertsten Male
Dir wiederholen,
Wie wenig angebracht
Dies Lebenentfremdend.
Mir fehlte einst
Aus allem, was euer Bildungswille
Den Frauen zugewandt,
Der Mut, die Kinder zu erziehen.
Du selbst hast längst begriffen,
Daß ich nur dieser Geistesart
Verdanke nicht nur den Mut,
Sondern mehr, die Einsicht und Kraft.
Und da die Früchte meines Weges
Du gesehen, konntest auch dessen Bedeutung
Mir nie ganz leugnen.
Trotzdem du dich immer abgeneigt
Gezeigt, ernst zu nehmen die Sache.

MANN: Du siehst daraus, daß ich nicht blind.
Begreif nur auch, daß in meine Arbeit
Nicht passen die unfaßbaren Ideen.

FRAU: Gedrängt hab ich dich
Nicht einmal, mit mir zu kommen.

MANN: Es hätte kaum etwas geholfen.
Denn hätte manchmal auch Neugierde
Mich angetrieben,
Der Fluch der Lächerlichkeit
Würde mich stets zurückgehalten haben.

FRAU: Du bist sonst in allem
Ein herzenslieber Mann.
Nur sag mir, ist's wirklich bloß Frauenlogik,
Daß lächerlich sind jene,
Die lächerlich finden,
Wovon den Lebenswert
Sie so deutlich sehen?

MANN: Ich weiß nur, daß die Besten unsrer Zeit
In diesem Urteil sich vereinen.
Die öffentliche Meinung
Sieht nur mitleidvoll auf dies Treiben,
Wenn sie es nicht gar gefährlich hält.

FRAU: Die öffentliche Meinung
Ist schnell fertig mit dem Urteil
Auch dann, wenn sie meilenweit
Vom Verständnis ist einer Sache.

MANN: Darüber wollen wir nicht rechten.
Ich darf der Öffentlichkeit nicht widerstreben,
Will ich nicht untergraben meine Stellung.

FRAU: Es ist zu traurig, daß es so sein muß.

MANN: Erst heute las ich wieder,
Auf welch schwachen Füßen
Alles steht, was da gesagt wird.

FRAU: Die Kenntnis des Schreibers
Wird wohl so tief auch diesmal sein
Wie alles, was sonst mir vor Augen kam.

MANN: Mag sein; doch anders steht die Sache,
Wenn die Ideen in Betracht kommen.
Und noch anders, wenn sich
Theatralisch aufspielt das Getriebe.
Da wird auch noch der Geschmack verdorben.
Was mag herauskommen
Bei solch einer Vorführung?
Im besten Falle
Sinnbilder, die wie Strohpuppen
Umgehängt haben Gedankengespinste;
Allegorien für sogenannte tiefe Ideen.
Es wurmt mich, daß du
Mir selbst in diesen Dingen widerstrebst.
Wie oft hab ich dich gebeten,
Mit mir zu gehen,
Wenn ich zur Erholung
Von des Tages Getriebe
Mit der Gattin die lebensvollen Dramen
Besuchen wollte.

FRAU: Du weißt, ich hab es einst getan.
Ich hab mich stets gefunden
Selbst in das Nichts,
Von dem du immer sagtest,
Da geht doch was vor.
Ich fand ja auch, daß die Bühne
Da volles Leben wiedergibt;
Doch ist dies volle Leben leider so leer.
Und sollten Charaktere auf der Bühne
Mich fesseln, die Puppen sind im Leben?
Ich öde mich selbst bei jener neuen Kunst,
Die vom ganzen Leben strotzen will.
Sie ist entweder ohne Gehalt,
Weil sie es sein muß,
Wenn sie wahrheitvoll die Gegenwart spiegelt.
Oder sie ist gar Kritik des Lebens,
Dann ist sie unfruchtbar,
Denn kein Hunger wird gestillt,
Keine Träne wird getrocknet,
Wenn man hungernde Menschen
Und tränenvolle Gesichter
Auf den Brettern zeigt.

MANN: Ist denn nicht das gerade
Die Frucht der neuen Kunst,
Daß sie nicht flüchtet
In der Ideale Traumeswelten,
Sondern spiegelt die Kämpfe
Des täglichen Lebens.

FRAU: Du sprichst wie ein Theaterkritiker;
Man sieht, du liest auch unter dem Strich.

MANN: Ich habe über deine Lieblingsideen
Noch wenig Gutes da gefunden.

FRAU: Das macht mich froh,
Denn werden einmal diese Ideen
Reif, unter dem Strich kredenzt zu werden,
Dann müssen sie sich zwängen
Ins triviale Maß des guten Witzes
Und der geistreichen Zeitgenossen.

MANN: Frau, es wird Zeit für deine Vorstellung.
Auch meine Zeit ist da.
Ich habe dir vorher nicht verraten,
Daß gerade heute
Unsre erste Bühne
Den Versuch macht
Mit einem wahrhaft sozialen Drama.

FRAU: Wir werden uns nach ein paar Stunden wieder finden
Und uns verstehn wie immer.